Das »Lexikon der Kunst« aus dem Verlag E. A. Seemann in Leipzig ist eine umfassende Enzyklopädie zur Geschichte und Theorie der Kunst. Der elektronischen Ausgabe liegt die zwischen 1987 und 1994 erschienene Neubearbeitung des 1968 erstmals in der DDR erschienenen Nachschlagewerkes zugrunde, das in etwa 17.000 Artikeln den damaligen Erkenntnisstand zusammenfaßt und in der Bibliografie offenbar überarbeitet und ergänzt wurde.Die Bebilderung allerdings ist für ein lexikalisches Werk dürftig.
Das Lexikon bietet aus DDR-sozialistischer Sicht einen enzyklopädischen
Überblick über die Kunst aller Länder und Zeitalter von
der Steinzeit bis in die Gegenwart. Schon von daher scheint das Konzept
aus einer vergangenen Epoche stammend. Ausgehend von der Leitfrage nach
dem »Anteil der Künste und ihrer Produzenten am gesellschaftlichen
Geschehen, nach ihrer Funktion im Leben der Menschen«, behandelt
das Werk wesentliche Bereiche der Theorie und Praxis, Geschichte und Gegenwart
der bildenden und angewandten Kunst, der Architektur und des Kunsthandwerks,
der Fotografie sowie der modernen "Industrieformgestaltung". Darüber
hinaus bietet es Informationen zu Materialien und Methoden des praktischen
Bauens, Bildens, Zeichnens, Druckens und Gestaltens und berücksichtigt
auch Belange der Restaurierung und Denkmalpflege.
Beispiele:
Der Artikel über Radierung hat einen Umfang von 10 Seiten
und enthält 19 Hyperlinks. So kann sich ein Schüler ausgehend
von diesem Text leicht einen gesamten Überblick über die Druckgrafik
verschaffen. Allerdings fehlt hier jegliche Abbildung, was die Lektüre
wiederum sehr trocken macht.
Der Artikel über historische Kunsterziehung, zeigt auf
9 Seiten in etwa den Stand der Diskussion in der BRD zu Beginn der 60er
Jahre, auch wenn die Bibliografie dann fachdidaktische Literatur bis in
die 80er Jahre erfaßt. Daneben gibt es Stichwörter wie Kunstunterricht
und Kunstpädagogik. Kunstlehre hingegen hat kein eigenes Stichwort.
Das Stichwort Kunst als Ware breitet sich hingegen über
13 Seiten massiv aus, was vielleicht den Interessen des Kunstunterrichts
heute nicht mehr ganz entspricht.
Der Artikel zum Stichwort Ästhetik hat einen Umfang von
67 Seiten und ist in der Diktion von DDR Literatur deutlich aus einer marxistischen
Sicht geprägt, was einem Gymnasiasten heute vermutlich merkwürdig
vorkommen wird. Als Lehrer muß man sich also fragen, ob man die hier
ausgebreitete Diktion einem Schüler unkommentiert als Lesestoff anbieten
kann. Ich selbst bin mit solchen Texten aus den 60er Jahren vertraut, halte
sie aber heute nicht mehr für zeitgemäß. In einem Lehrbuch
würde man heute den "Kampf der Arbeiterklasse", die "Kulturrevolution",
die "Ansichten Lenins zur Kunst" nicht mehr so interessant finden.
Sämtliche Artikel der Buchausgabe wurden übernommen. Verweise zwischen einzelnen Artikeln wurden als Hyperlinks umgesetzt. Die Stichwörter wurden in die Gruppen »Sachartikel«, »Personen« und »Fiktive Personen« aufgeteilt, die für speziell eingeschränkte Recherchen eingesetzt werden können. Darüber hinaus wurden die wesentlichen Informationen zu den nichtfiktiven Personen in eine Datenbank überführt.
Die CD enthält nur einen sehr kleinen und unbedeutenden Teil der Abbildungen der gedruckten Ausgabe. Das sind weitgehend schlichte schematische Darstellungen aus dem Bereich der Architektur, wie man sie vielfältiger etwa in dem "Lexikon der Architektur" aus demselben Verlag findet. Fotografisches oder farbiges Bildmaterial findet man hier nicht. Das schränkt den didaktischen Nutzen dieses vom Text her soliden Nachschlagewerks doch erheblich ein. Die ideologische Ausrichtung der Texte macht das Werk für Schülerhände heute nur sehr eingeschränkt nutzbringend. Als Anschaffung für die Schulbibliothek kann ich das Werk auch deshalb nicht empfehlen. Der Lehrer mag den einen oder anderen Text für den Unterricht verwertbar finden. Dafür allerdings scheint mir der Preis von 249 Mark viel zu hoch.