„Albrecht Dürer – Das Gesamtwerk“ ist eine CD-ROM aus der verdienstvollen Reihe „Digitale Bibliothek“ (s. Besprechung zu „Kindler Malereilexikon“). Den Hauptteil bildet die Datenbank mit 2000 Werken Dürers (sämtliche Gemälde, Handzeichnungen, Kupferstiche, Holzschnitte und Kirchenfenster). Dazu kommen alle von Dürer selbst publizierten kunsttheoretischen Schriften in Faksimiles der Originaldrucke, sowie eine Auswahl aus Briefen und Tagebüchern. Die zusätzlich gebotene Einführung von Fedja Anzelewsky zu Dürer wird im Rahmen dieser Besprechung nicht gewürdigt.
Die Funktionalitäten und die Nutzeroberfläche der Datenbank
ist identisch mit den Standards der „Digitalen Bibliothek“ (s. Besprechung
zu „Kindler Malereilexikon“ – die dort besprochenen Features werden hier
nicht mehr eigens erwähnt, ergänzt sei hier noch ein Hinweis
auf die gut durchdachten Kontextmenues der rechten Maustaste). Am überzeugendsten
ist in dieser CD sicher die Funktion „Tabelle“. Wie im Windows-Explorer
können die Datenbestände mit einem einzigen Mausklick nach bestimmten
Gesichtspunkten sortiert werden, hier nach: Jahr, Titel, Genre, Technik,
Größe, Ort, Galerie, Konkordanzen. Ein Klick auf Titel listet
z.B. alles „Adams“ untereinander, ein Klick auf Jahr z.B. alle im Jahr
1510 entstanden Werke, mit einem Klick auf Genre kann ich z.B. alle Aquarelle
hintereinander anzeigen lassen (die ich mit einem weiteren Klick auf Technik
in Deck- und Wasserfarben und Mischtechniken differenzieren kann) oder
ich suche alle Bilder, die z.Z. in München aufbewahrt werden. Dabei
werden die dazugehörigen Bilder in einer „Briefmarken-Vorschau“ bei
Mausberührung angezeigt. Ein weiterer Klick zeigt dann das Bild in
meist ordentlicher Auflösung und Qualität. Alle 2000 Bilder können
zusätzlich wie in einer Diasammlung durchblättert werden. Zusammen
mit den Möglichkeiten des Suchens in den Texten und Bildern macht
dies alles die CD-ROM zu einem äußerst leistungsstarken Werkzeug
nicht nur eines Dürerspezialisten.
Leider fehlen Querverweise, die von den Bildern ausgehen und die die
Texte auf der CD (kunsthistorischer Einführungstext, Textquellen bei
Dürer) im Kontext des jeweiligen Bildes erschließen würden.
Wären diese vorhanden, würde das Programm die reine Datenbankfunktion
verlassen und zu einer echten „Dürer-Lernwelt“ werden.
Welcher Einsatz ist für den Kunsterzieher vorstellbar?
Für den Lehrer, der sich zu Hause einmal wieder intensiver mit
Dürer beschäftigen will, ist die CD-ROM ein Quell der Freude.
Vor allem die Sortierfunktion bei den Tabellen macht Spaß und lockt
zum anhaltenden Stöbern. Dabei sind laufende Neuentdeckungen garantiert.
Diese Erfolge lassen den heftigen Wunsch entstehen, die ganze Kunstgeschichte
möchte einem auf diese komfortable Weise für den Unterricht erschlossen
werden. Für den regulären Unterricht ist das ausschließliche
Thema „Dürer“ in dieser Breite aber wohl zu speziell. Wenn ich mich
im Unterricht jedoch zu irgendeinem Zeitpunkt auf Dürer beziehen will,
z.B.
für die Erläuterung einer bestimmten künstlerischen Technik,
für die Besprechung ausgewählter Aspekte der Renaissance, für
Fragen der Perspektive oder der Proportionslehre bei praktischen Aufgaben
und vieles andere mehr, wofür Dürer eine Fundgrube bildet, dann
bietet die CD vorzügliches Material. Der Einsatz der CD ist dabei
sowohl an einem einzelnen Computer im Klassenraum für die Schülerrecherche,
wie für die Projektion über Beamer (wie bei einem Dia - jedoch
mit schlechterer Qualität in der Auflösung) denkbar.
Die CD eignet sich aber auch für den Einsatz im Klassenverband.
(Die Netzwerkfähigkeit wurde in unserem Rahmen nicht getestet.)
Denkbar ist z.B., dass die Schüler Arbeitsaufträge zur Recherche
nach Bildquellen für bestimmte Themen im Unterricht oder als Hausaufgabe
erhalten. Die Ergebnisse könnten sie dann durch Kopieren und Überarbeiten
der Texte und Bilder neu zu einer eigenen kleinen Präsentation zusammenstellen.
Als Programme eignen sich für so einen Zweck z.B. HTML-Editoren, Powerpoint
oder Mediator. Diese Präsentationen könnten bei einem Vortrag
vorgestellt oder im Intranet präsentiert werden.
Dr. Ernst Wagner
Eine weitere Meinung zum selben Objekt
Mehr als 2000 Werke Dürers werden auf dieser CD-ROM durchgängig
in hochauflösenden Abbildungen dargestellt. Daneben präsentiert
Directmedia alle von Dürer publizierten kunsttheoretischen Schriften
in Faksimilies der Originaldrucke sowie einige Briefe und Tagebucheinträge.
Wie auch andere Titel aus Directmedias Serie "Digitale Bibliothek"
fällt die CD-ROM vor allem durch ihre klar gegliederte Struktur und
hervorragenden Datenbankfunktionen zu Künstler und Werk auf. In tabellarischer
Form kann u. a. nach Herstellungsjahr, Ausstellungsort oder Technik gesucht
und sortiert werden. Parallel dazu werden die entsprechenden Werkangaben
auf dem Bildschirm präsentiert. Steuert man Textmarkierungen oder
Tabellenzeilen mit der Maus an, so werden die Reproduktionen als Thumbnail
dargestellt und auf Doppelklick hin als Vollbild angezeigt. Textpassagen
können mit verschiedenen Farben markiert werden, und es ist sogar
möglich, persönliche Anmerkungen einzufügen, welche auf
Wunsch abzuspeichern sind. Durchaus komfortabel und durchdacht wirkt die
Kopierfunktion: Einzelne markierte Textstellen oder ganze ausgewählte
Seiten können problemlos in ein Textverarbeitungsprogramm übernommen
werden, gleichzeitig wird automatisch eine genaue Quellenangabe angefügt.
Für Kunstlehrende ist der Umgang mit den Werkreproduktionen Dürers
äußerst interessant. Stufenlos kann in die Abbildungen hineingezoomt
werden und selbst bei Vergrößerungen lassen sich Details noch
sehr gut erkennen. Nutzende können sämtliche Bilder zudem ausdrucken
und in jedes Bildbearbeitungsprogramm exportieren und außerhalb des
Programms abspeichern.
Die komplexen Verknüpfungen des Materials sowie die umfangreiche
Bild- und Textdatenbank zeichnen die CD-ROM "Albrecht Dürer" aus.
Gerade Kunstlehrende profitieren in der Unterrichtsvorbereitung und der
Erstellung von Arbeitsblättern und Präsentationen von den Sortierfunktionen
und Druckmöglichkeiten. Diese Funktionen lassen sich auch von SchülerInnen
und Studierenden sehr gut zur Vorbereitung von Referaten und Hausarbeiten
nutzen.
Überdies ist erwähnenswert, dass Directmedia auf der CD-ROM
ein Zugriffsprogramm unter MS-DOS für Braillezeilen zur Verfügung
stellt, so dass das Textmaterial ebenfalls für blinde oder stark sehgeschädigte
Benutzer zugänglich ist.
Michael Schacht