Das
Pantheon ist das Musterbeispiel des zur Vollkommenheit entwickelten
römischen Sakralbautempels.
In seinen wichtigsten architektonischen Elmenten ist es bis heute unversehrt
erhalten.
Es ist ein Abbild der Ewigkeit im Auf und Ab der Geschichte der Stadt
Rom. Das Pantheon liegt im Mittelpunkt des alten Roms der Päpste,
auf dem Marsfeld. Der eindrucksvolle Bau ist in zwei deutlich unterschiedene
Teile gegliedert.
Der Vorbau hat das Aussehen eines klassischen Pronaos, einer Tempelvorhalle.
Außergewöhnlich an ihm wäre nur seine lastende Schwere,
wenn so die Säulen so angeordnet wären, dass er in drei durch
Apsiden oder den von ihnen umrahmten Eingang abgeschlossene Schiffe
aufgeteilt würde. Doch die Verbindung der Vorhalle mit dem Hauptteil
des Gebäudes ist recht unglücklich, so, dass man zur Auffassung
gelangt ist, es handle sich bei diesem Pronaos um Reste eines älteren
Gebäudes. Tatsächlich trägt der Fries eine Inschrift
mit dem Namen Agrippas, des Schwiegersohns des Augustus. Während
die Ziegel der Cella in den Jahren 120-123 n. Ch. hergestellt wurden.
Heute weis man, dass der Tempel von Hadrian völlig umgebaut, die
Inschrift Agrippas jedoch belassen wurde. Die Cella ist ein gewaltiger
Rundbau aus Ziegelsteinen; er misst 43.30 m im Durchmesser und wird
von einer Halbkugelkuppel überragt, die genau auf dem Mauerzylinder
aufsitzt und deren Scheitel 43,3 m über dem Boden liegt.
Vergeblich sucht man in der Sakralarchitektur nach Vorläufern dieses
Bauwerks; man findet sie vielleicht in den Thermen - eine scheinbar
paradoxe, aber leicht erklärbare Tatsache. Diese riesigen Badeanlagen
der Kaiserzeit waren wahrhaftige Märchenpaläste, in denen
der Herrscher für seine Untertannen alle Wunder der ihm zugänglichen
Natur vereinigte. In ähnlicher Weise ist auch das Pantheon ein
Mikroskop - aber gleichsam ans Transzendentale überhöht: seine
Kuppel mit einem Auge, durch das die Strahlen der Sonne einfallen, steht
das Himmelgewölbe da, und all die Götter, die in ihm vereinigt
sind, personifizieren die wohltätigen Kräfte der Natur. Deshalb
bildet, wie auch bei den Thermen, das prächtige Innere mit seinem
vielfarbenen Marmorschmuck einen starken Gegensatz zu den kahlen, strengen
Fassaden. Der Besucher wird von der einer Art von Taumel erfasst, wenn
er die Blicke zum Oberlicht in der Mitte der Kuppel erhebt, das ihn
zum Himmel emporzuziehen scheint. Damit aber die Schwere der Konstruktion
den Betrachter nicht erdrückt, lockerte der Baumeister den massigen
Zylinder durch acht Nischen auf; eine ist dem Eingang vorbehalten.
Sechs
der Nischen weisen je zwei Säulen auf, die die Kuppel zu tragen
scheinen, doch setzt sich diese in Wirklichkeit aus Entlastungsbogen
zusammen, die die Druckkräfte in die massiven Pfeiler Exedren ableiten.
Wie die Basiliken hat auch dieses Bauwerk keine geschlossene Innenwand,
so dass die Phantasie angeregt wird, sie nach allen Richtungen ins Unendliche
auszuweiten.
Die Entwicklung des römischen Sakralbaus gipfelt in diesem Pantheon,
das in allen seinen Elmenten dem griechischen Tempel völlig entgegengesetzt
ist: in der Betonung des in sich geschlossenen Innenraums, dem kreisförmigen
Umriss, der halbkugelförmigen Kuppelwölbung, der Struktur,
dem Material, den Proportionsverhältnissen. Hadrian steht - übrigens
zu Recht - im Ruf, ein Philhellene und Bewahrer der Tradition gewesen
zu sein. Umso markanter ist der Bruch, der sich durch die Errichtung
dieses Heiligtums zeigte, zwischen dem griechischen Geist des fünften
und vierten vorchristlichen Jahrhunderts und dem Geist seiner Zeit.
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