Allegorisches Selbstporträt nach Arcimboldo. 
oder: Wie lernt ein Lehrer eine neue Klasse kennen? 

Eine Unterrichtseinheit für die 5. Jahrgangsstufe (8-10 Std.)
zum Themenbereich des Lehrplans: Lebenswelten: Phantasie und Erlebnis.

von Natalia Berezovskaia, Seminar 2004/2006

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Einstieg
Es ist eine sich stets wiederholende Situation für Lehrer: Man/Frau ist neu an der Schule, die Klassen sind unbekannt, die Schüler begegnen einem mit der üblichen Skepsis. Das erste Eis könnte sich durch das hier vorgeschlagene Thema zum Tauen bringen lassen.

Zum Einstieg eine Bildprojektion: Die Allegorie von Rudolf II als als etruskisch-römischer Gott Vertumnus, die Giuseppe Arcimboldo (1527-1593) in dessen Auftrag im Jahren 1590-91 anfertigte. Das Bild zeigt ein Brustbildnis aus physiognomisch angeordneten Blumen und Früchten, das zusätzlich die Gesichtszüge von Rudolf II aufweist. Die Klasse analysiert die Darstellung nöglichst genau, d.h., es ist zu besprechen, welche Früchte und Blumen die Schüler identifizieren können, wie der Künstler die Äpfel, Birnen, Gurken, Strohhalme usw. zu einem Kopf und Brustkorb zusammensetzt und warum er als Repräsentationen für Gesichts- oder Körperteile ganz bestimmte Naturgegenstände auswählt. Der Künstler und sein Werk dürfte den meisten Schülern bereits aus der Grundschule bekannt sein; daher kann vorhandenes Wissen leichter systematisiert und vertieft werden. Als Hefteintrag empfehle ich nähere Erläuterungen zu Giuseppe Arcimboldo, der Kunstepoche, dem Begriff "Allegorie" und "Allegorische Darstellung" sowie zum Bildtitel.

Giuseppe Arcimboldo, Rudolf II als Vertumnus, 1590-91, Öl auf Holz, Stokloster, Schweden

Spiel am OHP 1 (Der Lehrer stellt sich vor)
Nun folgt die Vorstellung des Lehrers: Hierzu habe ich eine kurze Geschichte mit Zeichnungen meiner Interessen, Hobbies, Lieblingsgegenstände und -essen etc. vorbereitet und auf OHP-Folie kopiert. Die einzelnen Zeichnungen lege ich im Verlauf der Erzählung nebeneinander auf dem OHP auf.

Spiel am OHP 2 (Ein Porträt entsteht)
Anschließend stelle ich die Aufgabe, die einzelnen Zeichnungen am OHP zu einem Brustbildnis, also zu einem allegorischen Porträt des Lehrers, zu komponieren. Nach meiner Erfahrung verwandelt sich das Klassenzimmer in einen Wald aus hocherhobenen Armen. Ich lasse einen oder mehrere Schüler am OHP ein Bildnis zusammenstellen. Einmal fertiggestellt, sollen der/die Schüler es der Klasse beschreibend vorstellen. Danach kann der Versuch mit weiteren Freiwilligen wiederholt werden. (Tipp: In den folgenden Wochen habe ich etwa 10 Minuten zu Beginn des Unterrichts für dieses Spiel am OHP eingeräumt. Es eignet sich gut zur Einstimmung auf die praktische Tätigkeit, gleichzeitig werden viele fantasiereiche Ideen hervorgelockt, nicht zuletzt wird durch die Aufteilung auf mehrere Unterrichtsstunden keiner der Schüler benachteiligt. Das Spielen und die Präsentation am OHP machen Kindern und Jügendlichen nicht nur in der Unterstufe viel Spass.

Die praktische Aufgabe
Die Schüler haben nun selbst Überlegungen anzustellen: Was sind meine Interessen, Hobbies, Gegenstände, mit denen ich am liebsten in Verbindung gebracht werden möchte? Diese Gedanken hat jeder Schüler in die eigene Motivwahl und Bildsprache umzusetzen (mindestens 12 Gegenstände). Die Einzelbilder werden erst mit Bleistift ausgeführt und dann mit Buntstiften, Wachsmalkreide oder Wasserfarbe koloriert. 

Präsentation
Das Finale: Die Bilder werden am Umriss ausgeschnitten und auf einem DIN A3 Blatt zu einem Porträt arrangiert und aufgeklebt. Nach meiner Erfahrung empfiehlt es sich, dass die Schüler zunächst mehrere Varianten eines Portraits ausprobieren und erst dann die "ideale" Variante aufkleben. Bis alle Gegenstände gezeichnet, ausgeschnitten und aufgeklebt sind werden sie in einem Kuvert aufbewahrt.
Vertiefung: Die Schüler können die Bilder durch eine Geschichte begleiten, die sie anschließend der Klasse vortragen (Verbindung zum Unterrichtsfach Deutsch). 

Hefteintrag
Ein Selbstportrait aus Gegenständen
Der italienische Maler Giuseppe Arcimboldo lebte im 16. Jh. als Hofmaler in Prag. Er ist berühmt geworden durch Portraitdarstellungen und Allegorien, bei denen er menschenähnliche Köpfe aus Früchten, Blumen, Gemüse, Tieren, Büchern und anderen Gegenständen zusammensetzte. Die Gegenstände setzte er oft so ein, wie auch die Sprache bestimmte Dinge wegen ihrer Formverwandtschaft, oder der Verwandtschaft bestimmter Merkmale, als Metaphern für Teile des Gesichts benützt.
Eine Metapher ist ein bildhafter Ausdruck, der einen Inhalt in einen anderen Bedeutungszusammenhang überträgt.
Beispiele: Pfirsichbäckchen, Orangenhaut, Gurkennase, Eierkopf, Schnittlauchlocken, ein Mund wie ein Scheunentor, Augen so strahlend wie Sterne...
Als Portrait bezeichnet man in der Malerei die Bildnisdarstellung einer bestimmten Person entweder als ganze Figur oder vom Kopf bis zur Brust (Brustbild).
Eine Allegorie ist eine bildhafte Darstellung eines Begriffs durch eine menschliche Gestalt. 
Beispiele: Die Gerechtigkeit (Justizia) wird dargestellt als Frau mit verbundenen Augen und eine Waage in der Hand. Das Böse wird dargestellt als Teufel mit Hörnern und einem Pferdefuß. Die Sünde oder Verführung wird dargestellt als Schlange, oft mit einem Apfel im Maul.

Schüler, die schnell mit ihrer Arbeit fertig sind, können im Heft weitere Metaphern oder Allegorien sammeln, eine Allegorie der Malkunst, der Architektur, der Bildhauerei entwerfen oder eine metaphorische Landkarte entwerfen.
Sammle Metaphern mit landschaftlichen Sinnbezügen:
Tal der Tränen, Gipfel des Glücks, Insel der Glückseligkeit, Garten Eden, Jammertal, Kuchenberg, Schlangengrube, Reich der Liebe, Jungbrunnen, Quelle der Zufriedenheit, Straße nach Nirgendwo, Pfade des Lasters, Sumpf aus Verrat, Lügengebäude.....